
- 30. August 2021 von Chef-Sache
- CHEF-SACHE
Gute Führungskräfte zu finden ist gerade heute keine einfache Aufgabe. Die Verlockung, aus Bequemlichkeit den Weg des geringsten Widerstands zu gehen, ist nicht immer vorteilhaft…
Kürzlich erlebt: "Ich gratuliere zum neuen Chef de Service", begrüsse ich den Inhaber des Restaurants. Wenige Augenblicke später schaue ich etwas genauer hin. Das ist doch die Servicekraft die bereits vor Corona hier mitgearbeitet hat, geht es mir durch den Kopf. Nun also ist diese Frau Vorgesetzte von 6 Mitarbeitenden. "Es sei die einfachste Lösung gewesen, da die Person sich eh durch Effizienz und eine überdurchschnittliche Dienstleistung von den anderen abgehoben habe", erhielt ich zur Antwort.
Dagegen ist nichts einzuwenden, doch erlaube ich mir zwei Gedankengänge zu solchen Beförderungen.
Erstens:
Nicht jede/r Mitarbeitende der/die sich als tolle Gastgeber/in ausgezeichnet hat, ist automatisch auch ein guter Chef! Als Vorgesetze/r braucht es ganz andere Qualitäten im Umgang mit Führung, konzeptionellem Betriebsverständnis und einem reifen Umgang mit der neuen Verantwortung. Nicht selten habe ich erlebt, dass solche Aktionen ein falsches Ende genommen haben. Der/die Vorgesetzte überfordert in der neuen Rolle, versuchte immer das zu machen, was er/sie gut konnte, nämlich im Service zu arbeiten. Das kommt in den meisten Teams in der Regel nur mässig gut an. Konsequenz: Man läuft Gefahr, auf diese Weise frischgebackene Führungskräfte aufgrund zwischenmenschlicher Spannungen zu verlieren und straft sich als Inhaber oder Geschäftsführer gleich doppelt. Man steht plötzlich ohne die tolle Servicekraft da und sieht sich einem führungslosen Team gegenüber…
Zweitens:
Daher mein zweiter Gedankengang. Wann immer eine Beförderung ansteht: Die betreffende Person mag sich dafür fachlich auszeichnen, bringt sie allerdings keine Führungserfahrung mit, fehlt ihr in vielen Fällen die menschliche Kompetenz. Machen Sie sich Gedanken, wie es gelingt, junge Führungskräfte für ihre neuen Aufgaben zu befähigen.
- Nehmen Sie sich Zeit und gestatten Sie Fehler zuzulassen
- Ermöglichen Sie jungen Menschen auch negative Erfahrungen zu machen
- Reflektieren sie gemeinsam entsprechendes Verhalten ohne zu verurteilen
- Vermitteln Sie ein Führungsverständnis und seien Sie Sparringpartner
Führungskräfte scheitern in den wenigsten Fällen an ihrer fachlichen Kompetenz. Sie stolpern über die Fehleinschätzung Ihrer Persönlichkeit. … gerade hier hat die Gastronomie noch viel Arbeit vor sich… Helfen Sie mit?

Werdegang des Autors
Markus Marthaler ehemals Ausbildungsverantwortlicher und Human Resources Leiter der Mövenpick Unternehmungen. Geschäftsführer der Firma Gastrobildung und Vice President HR bei der Steigenberger Gruppe in Frankfurt. Heute berät er in der Rolle des Hofnarren Leistungsträger in unternehmerischen und persönlichen Entwicklungsprozessen. Zudem ist er Mitarbeitender in verschiedenen Kriseninterventionsteams in Blaulichtorganisationen.